Energieausweise sind mittlerweile beim Verkauf von Immobilien verpflichtend geworden. Doch deren Aussagekraft ziehen mittlerweile selbst Experten in Zweifel. Dies liegt vornehmlich an den besonderen Umständen, in denen wir seit dem Jahr 2020 leben. Da normale Energieausweise an den tatsächlichen Verbrauch gekoppelt sind, hat sich deren Aussagekraft leider verschoben.
Energieausweise “Praktisch unbrauchbar” – Das steckt dahinter
Christoph Doering
Immobilienmakler
Letztes Update: 22. Dezember 2023
Lesedauer: 4 Minuten
Energieausweise sind mittlerweile beim Verkauf von Immobilien verpflichtend geworden. Doch deren Aussagekraft ziehen mittlerweile selbst Experten in Zweifel. Dies liegt vornehmlich an den besonderen Umständen, in denen wir seit dem Jahr 2020 leben. Da normale Energieausweise an den tatsächlichen Verbrauch gekoppelt sind, hat sich deren Aussagekraft leider verschoben.
Darum ist der Energieausweis praktisch unbrauchbar geworden
Der Energieausweis ist in der Regel ein sogenannter Verbrauchsausweis. Das bedeutet, dass dieser auf dem Verbrauch der letzten drei Jahre berechnet wird. Was in normalen Jahren kein Problem ist, fällt uns und vielen Kunden in Jahren mit besonderen Ereignissen auf die Füße. In den letzten drei Jahren hatten wir unter anderem die durch Corona bedingten Lockdowns und auch eine verstärkte Aktivität im Homeoffice. Das bedeutet, dass in den Jahren 2020, 2021 und auch noch 2022 der Verbrauch deutlich angestiegen ist. Hinzu kommt noch der Krieg in der Ukraine, welcher unter anderem dazu geführt hat, dass die Politik die Menschen zum Energiesparen aufgerufen hat. Im Winter 2022 wurde so wenig Energie verbraucht, wie seit vielen Wintern nicht mehr. Wer also in diesem oder im nächsten Jahr einen Energieausweis auf Basis dieser Daten ausstellt, kann das Ergebnis theoretisch auch würfeln. Es lässt sich einfach kein normaler Standard aus diesen Daten filtern.
Ein Beispiel: Ein Haus soll verkauft werden. Die Besitzer waren während der Corona-Pandemie im medizinischen Sektor tätig und daher dauerhaft arbeiten. Es wurde also während der Pandemie sehr wenig Energie verbraucht. Auch bei Ausbruch des Ukraine-Krieges hat der Haushalt, wie alle anderen auch, brav Energie gespart. Wird nun ein Energieausweis für den Verkauf der Immobilie erstellt, wird das Gebäude einen sehr guten Wert erreichen. Selbst dann, wenn die Fenster nur schlecht isoliert sind und die Heizung eigentlich enorme Ressourcen verbraucht. Das Dokument ist somit für den Käufer oder Interessenten aktuell nutzlos.
Warum der Bedarfsausweis die bessere Wahl wäre
Der sogenannte Bedarfsausweis ist hier die bessere Wahl, da dieser durch externe Faktoren nicht beeinflusst werden kann. Anhand der unterschiedlichen Faktoren wie der Dämmschicht des Hauses, der Wärmedämmung von Fenstern und Türen und auch anhand der verbauten Heizung berechnet ein zertifizierter Fachmann den theoretischen Energiebedarf der Immobilie. Dieser ist vollkommen unabhängig davon, ob man sparsam agiert oder viel im Homeoffice ist, sondern stellt den theoretischen Energiebedarf unabhängig vom Faktor Mensch dar. Dies macht diesen Bedarfsausweis deutlich neutraler und somit besser vergleichbar. Vor allem aber schlagen sich alle Modernisierungen im Gebäude bei einer erneuten Prüfung positiv auf diesen Bedarfsausweis um. Die Verbesserungen sind somit sofort ersichtlich und werden nicht erst schleichend im Verlauf der nächsten drei oder mehr Jahre sichtbar.
Warum hat sich der Bedarfsausweis nicht von vornherein durchgesetzt?
Bei der Frage zwischen Bedarfsausweis und Verbrauchsausweis war immer schon klar, dass der Bedarfsausweis eigentlich das sinnvollere Dokument ist. Allerdings kostet es auch deutlich mehr, diesen zu erstellen, da hierfür die Arbeit eines ausgewiesenen Experten notwendig ist. Beim Verbrauchsausweis hingegen müssen nur Daten aus drei Jahren gesammelt und als Durchschnitt berechnet werden. Die Kosten sind somit deutlich geringer, was den Energieausweis natürlich für Verkäufer attraktiver gemacht hat.