Mehr als 290.000 Wohnungen wurden im Jahr 2023 neu gebaut. Das klingt angesichts des Wohnungsmangels zunächst wie eine gute Nachricht. Dennoch gibt es aus der Bauindustrie immer wieder die Beschwerde, dass Neubauten teuer seien. Insbesondere das Einhalten von Komfortstandards verteuert die Branche stark. Auf sie zu verzichten ist rechtssicher jedoch kaum möglich. Angesichts des Wohnungsmangels vielerorts ist dies ein Problem, das die Politik beschäftigt.
Mehr Wohnraum schaffen: Mit weniger DIN-Normen zu mehr Neubauten
Christoph Doering
Immobilienmakler
Letztes Update: 29. Mai 2024
Lesedauer: 4 Minuten
Mehr als 290.000 Wohnungen wurden im Jahr 2023 neu gebaut. Das klingt angesichts des Wohnungsmangels zunächst wie eine gute Nachricht. Dennoch gibt es aus der Bauindustrie immer wieder die Beschwerde, dass Neubauten teuer seien. Insbesondere das Einhalten von Komfortstandards verteuert die Branche stark. Auf sie zu verzichten ist rechtssicher jedoch kaum möglich. Angesichts des Wohnungsmangels vielerorts ist dies ein Problem, das die Politik beschäftigt.
DIN Normen und Komfortstandards – keine Garantie für Wohnqualität
Technische Standards wurden geschaffen, um die Wohnqualität zu erhöhen. Allerdings ist die Einhaltung häufig mit hohen Kosten verbunden, was wiederum dazu führt, dass Neubauten teuer sind – oder Projekte gar nicht erst umgesetzt werden. Viele Städte Deutschlands klagen weiterhin über Wohnungsmangel oder den Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Viele Bevölkerungsschichten haben kaum die finanziellen Mittel, Wohnungen im Stadtgebiet zu mieten.
Die meisten technischen Standards in der Bauindustrie sind nicht rechtlich vorgeschrieben. Die Nichteinhaltung ist jedoch kaum möglich, ohne rechtliche Risiken einzugehen. Schließlich will niemand eine Gewährleistungsklage erhalten, nur weil bestimmte Standards nicht eingehalten worden sind. Obwohl diese Standards nicht gesetzlich zwingend sind, können sie bei Nichteinhaltung im Zweifelsfall Probleme bringen. Bei Neubauprojekten gelten sie häufig als von vornherein vereinbart. Dabei ist äußerst fraglich, ob diese Standards wirklich für hohe Wohnqualität stehen.
DIN Normen gibt es in vielen Bereichen. Während sie bei Neubauprojekten häufig vorvereinbart sind, erfüllen viele Altbauwohnungen diese Standards gerade nicht. Dennoch sind Altbauwohnungen besonders beliebt – und meist mit hohen Mietpreisen verbunden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Trittschalldämmung – diese ist in vielen Altbauwohnungen kaum bis gar nicht vorhanden. Trotzdem sind Altbauwohnungen besonders begehrt und die meisten Bewohner wollen kaum wieder aus ihren Wohnungen ausziehen. Das zeigt ganz klar, dass ein hoher Komfortlevel auch ohne Einhaltung dieser technischen Standards möglich ist.
Rechtsformen für mehr Wohnraum
Bundesjustizminister Marco Buschmann möchte nun eine Reform des Baurechts einberufen. Der FDP Politiker setzt sich zum Ziel, dass auf Komfortstandards rechtssicher verzichtet werden kann, sofern die Beteiligten des Bauprojektes dies möchten. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll bald präsentiert und diskutiert werden. In einem ausführlichen Gutachten des ehemaligen BGH Richter Stefan Leupertz, das die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) in Auftrag gegeben hat, gibt es eine ausführliche Analyse des der DIN Normen im Wohnungsbau. Im Ergebnis zeigt sich, dass es durchaus möglich ist, mit einfacheren Standards zu bauen und dadurch zu mehr bezahlbaren Wohnungen zu kommen. Die Reduzierung der Anforderungen sei ohne nennenswerte Einschränkungen der Wohn- und Lebensqualität möglich. Das Gutachten schlüsselt die Vorteile der Normen auf und zeigt, wo es gerade nicht zu nennenswerten Qualitätserhöhungen kommt. Die Praxis beweist dies, indem Altbauwohnungen nach wie vor beliebt und teuer bleiben.
Reduzierung der DIN Normen – ein Lösungsansatz
Eine Rechtsveränderung kann dazu beitragen, dass bezahlbarer Wohnraum zukünftig leichter geschaffen werden kann. Gleichzeitig muss anerkannt werden, da es eine reine Reduzierung der technischen Anforderungen, das Wohnraumproblem nicht von alleine lösen wird. Allerdings ist es ein guter Schritt in die richtige Richtung, mehr Wohnraum und vor allem auch bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Da in vielen Orten Deutschlands nach wie vor Wohnungsmangel herrscht, ist es, wäre eine Reduzierung der Komfortstandard im Sinne der gesamten Branche.